Die normative Wirkung von Präambeln im europäischen Primärrecht
von Nora OtooGesetze mit Vorsprüchen zu versehen, ist eine Praxis, die sich gerade im europäischen Recht größter Beliebtheit erfreut. Dabei kann die Verwendung von Präambeln auf eine lange Tradition zurückblicken: Bereits Platon erklärte in seinen „Nomoi“, warum Gesetzen Präambeln vorangehen sollten und auch die deutsche Geschichte ist reich an Präambeln. Doch welchen Zweck erfüllen Präambeln? Dienen sie lediglich der Einleitung, der Vorbereitung auf das, was kommt, der Auslegung oder haben sie eine echte rechtliche Wirkung? Auf der Suche nach einer Antwort zu dieser Frage für den Bereich, der zur Zeit unser aller Leben mitbestimmt - dem europäischen Primärrecht - gibt die Verfasserin einen Überblick über die Funktionen und die Geschichte von Präambeln. Sie untersucht die Präambeln des europäischen Primärechts vom gescheiterten Verfassungsvertragsentwurf bis hin zur Europäischen Grundrechtecharta und dem Vertrag von Lissabon. Anschließend analysiert sie, ob sich aus der Präambelpraxis im deutschen und französischen Recht über Art. 6 Abs. 3 EUV eine gemeinsame Verfassungsüberlieferung der Mitgliedstaaten ergeben kann, die als allgemeiner Grundsatz Teil des Unionsrechts ist.
Aus alledem ergibt sich hinsichtlich der normativen Wirkung von Präambeln im europäischen Primärrecht ein klares Bild, welches insbesondere aktuell aufgrund der EU-Schuldenkrise an Bedeutung gewinnen kann.