Polizeigesetz Baden-Württemberg mit Durchführungsverordnung
Textausgabe
Die Textausgabe beinhaltet
• das aktuelle Polizeigesetz (PolG) und
• die Verordnung des Innenministeriums zur Durchführung des Polizeigesetzes (DVO PolG)
Am 8. Dezember 2017 sind umfassende Änderungen des Polizeigesetzes Baden-Württemberg (PolG) in Kraft getreten.
In § 21 Absatz 4 PolG wurde eine neue Rechtsgrundlage geschaffen. Sie ermächtigt den Polizeivollzugsdienst, die aus einer Videoüberwachung gewonnenen Bildaufnahmen anhand bestimmter Verhaltensmuster elektronisch auszuwerten. Diese automatische Auswertung funktioniert mit einer intelligenten Analysesoftware, die einzelne Videosequenzen in Echtzeit miteinander vergleicht, um dadurch auffällige Verhaltensmuster, die auf die Begehung einer Straftat hindeuten, aufzuspüren und kenntlich zu machen. Auffällige Bewegungsabläufe, Gewalthandlungen, aggressives hektisches Verhalten, Gruppenbildungen und plötzliche Menschenansammlungen oder massenhafte Fluchtbewegungen können dadurch herausgefiltert werden.
Neu aufgenommen wurde § 23b PolG (Überwachung der Telekommunikation). Mit Absatz 1 dieser Vorschrift wurde die präventiv-polizeiliche inhaltliche Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation (sog. TKÜ) eingeführt, um einer anhaltenden abstrakten Gefahr terroristischer Anschläge, aber auch anderen Fällen von Schwerstkriminalität, Rechnung zu tragen, soweit dies »zur Abwehr einer dringenden Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person, für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für wesentliche Infrastruktureinrichtungen oder sonstigen Anlagen mit unmittelbarer Bedeutung für das Gemeinsamen geboten ist«.
Die in § 23b Absatz 2 PolG neu einführte Befugnis, dass zur Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation mit technischen Mitteln (sog. Quellen-TKÜ) in die vom Betroffenen genutzten informationstechnischen Systeme, beispielsweise auch Messenger-Dienste, wie WhatsApp, eingegriffen werden darf, stellt eine logische und konsequente Begleitmaßnahme dar, die einen Zugriff auf verschlüsselte Telekommunikationsinhalte ermöglicht.
Neu eingefügt wurde § 27b PolG (Aufenthaltsvorgabe und Kontaktverbot zur Verhütung terroristischer Straftaten). Die dort in Absatz 1 neu geschaffene Aufenthaltsvorgabe liegt ebenfalls in der ausschließlichen Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes. Gleiches gilt für das Kontaktverbot, das in § 27b Absatz 2 PolG ebenfalls neu unter denselben tatbestandsmäßigen Voraussetzungen eingeführt wurde.
Beide Eingriffsmaßnahmen werden durch die neu in das Polizeigesetz eingefügte Vorschrift des § 27c PolG (Elektronische Aufenthaltsüberwachung zur Verhütung terroristischer Straftaten) wirksam ergänzt. Diese regelt, dass nur der Polizeivollzugsdienst den Aufenthaltsort von Personen, von denen die Gefahr der Begehung einer terroristischen Straftat im Sinne des § 27b Absatz 1 PolG (vgl. § 129a StGB – Bildung terroristischer Vereinigungen) ausgeht, elektronisch überwachen kann.
Mit der neuen Eingriffsbefugnis des § 54a PolG (Gebrauch von Explosivmitteln) werden die Eingriffsvoraussetzungen für den polizeilichen Einsatz von Explosivmitteln gesetzlich normiert. Zu ihnen zählen Handgranaten, Sprenggeschosse, die aus Schusswaffen verschossen werden können, und Sprengmittel. Pyrotechnische Irritationswurfkörper, die starkes Licht und Lärm erzeugen, gehören nicht dazu.
Außerdem wurden zur Abwehr alkoholbedingter Störungen der öffentlichen Sicherheit die Städte und Gemeinden in ihrer Funktion als Ortspolizeibehörden ermächtigt, an öffentlich zugänglichen Orten, also außerhalb von Gebäuden und Außenbewirtungsflächen, örtliche Alkoholkonsumverbote einzuführen, vgl. § 10a PolG (Ermächtigung zum Erlass örtlicher Alkoholkonsumverbote).