Minifon
Der Spion in der Tasche
von Roland SchellinDer Drahttontechnik galt schon seit längerer Zeit die Aufmerksamkeit zahlreicher Publikationen und Sammlungen.
Neben den technischen und gestalterischen Aspekten standen vor allem die wenigen noch existierenden Exemplare
historischer Drahttongeräte im Brennpunkt des Interesses.
Mit dieser Geschichte des Minifons wird ein bisher vernachlässigtes, besonders faszinierendes Feld der magnetischen
Tonaufzeichnung beleuchtet, in der sich die technisch- technologischen Entwicklungen der 1950er und 1960er Jahre und die damit verbundenen völlig neuartigen elektrotechnischen und elektronischen Möglichkeiten anschaulich widerspiegeln.
Am Anfang stand die Idee, ein Kleinstgerät für Aufnahme und Wiedergabe von Tönen zu bauen. Mit einem echten Taschen-Magnettongerät unbemerkt Tonaufnahmen herstellen zu können, war dabei der grundlegende Gedanke.
Die aufkeimende Transistorelektronik bot dafür phantastisch anmutende neue Möglichkeiten. Mit verdeckt und heimlich eingesetzten Magnettongeräten konnte jeder jeden bespitzeln, um für sich den höchstmöglichen Nutzen daraus zu ziehen. Oft blieb dabei nicht nur die Moral auf der Strecke.
Magnettongeräte, Abhöreinrichtungen und Kameras, eingebaut in Schlafzimmern und Büros oder verdeckt am Körper getragen, wurden so manchem zum Verhängnis – die Spuren führten dabei von privaten Schnüfflern über Geheimdienste bis hin zu kriminellen Vereinigungen.
Die Zeit des Minifons war vor allem auch die Zeit des Kalten Krieges – Spione hatten Hochkonjunktur. Natürlich liefen die Entwicklung und Produktion der Minifon-Geräte unter den interessierten Augen der Geheimdienste. So war das Minifon in den USA das seinerzeit am meisten gefragte Magnettongerät für konspirative Dienste. Es gab ja auch kaum Alternativen. Erst als noch kleinere und bessere Spionagerekorder auf den Markt kamen und von den „heimlich-unheimlichen Tonjägern“
bevorzugt wurden, änderte sich das, und es wurde versucht, aus den Minifon-Rekordern tatsächlich „echte“ Diktiergeräte für jedermann zu machen.
Doch fürs erste erschöpfte sich die Erfindung des Minifon in der schieren Präsenz eines völlig neuartigen Nachkriegsproduktes.
Die beeindruckende und zuweilen auch recht mysteriöse Entwicklung führte von einer genialen Idee der unmittelbaren Nachkriegszeit über ein gefragtes Spionage- und Abhörgerät zu einer Laufbahn als Diktiergerät und zu einem teuren Spielzeug für ebenso technikaffine wie finanzstarke Zeitgenossen.
Es sind nur noch wenige Informationen und Unterlagen zur Minifon-Geschichte zu finden. Diese Publikation versucht, alle noch verfügbaren Dokumente zusammenzuführen und anhand zahlreicher Abbildungen ein Stück deutsche Zeit- und Industriegeschichte zu rekonstruieren.