„Ich bin eine Märchenerzählerin. So wurde ich geboren.“
Tonke Dragts Jugendromane − übersehene Klassiker
Tonke Dragt (geb. 1930) ist seit über 50 Jahren eine der beliebtesten Kinder- und Jugendbuchautorinnen der Niederlande. Ist sie auch die große Neuerin der europäischen Kinder- und Jugendliteratur? Diese sicherlich provokante Frage nimmt der vorliegende Sammelband in den Fokus, der Beiträge einer Tagung an der Universität Siegen umfasst, die im September 2019 stattgefunden hat.
Tonke Dragts schriftstellerisches Werk umfasst Bilder-, Kinder- und Jugendbücher. Dragt gehört – wie Paul Biegel, Otfried Preußler, Michael Ende oder James Krüss – einer Generation von Kinder- und Jugendbuchautoren an, die nicht dem Trend der siebziger Jahre nach realistischer und problemorientierter Kinder- und Jugendliteratur folgten. Vielmehr entwarfen sie in ihren literarischen Texten abenteuerliche und phantastische Welten, die Grundprobleme menschlicher Existenz nicht negierten, sondern widerspiegelten.
In Deutschland haben sich Tonke Dragts beide bekanntesten Werke, „Der Brief für den König“ (nl. 1962, dt. 1962) und „Das Geheimnis des siebten Weges“ (nl. 1965, dt. 1965) zu populären Longsellern entwickelt.
Demgegenüber steht eine im Verhältnis zu ihrer Popularität äußerst marginale Forschung, in den Niederlanden naturgemäß etwas ausgeprägter als im deutschsprachigen Raum. Dieser Situation wollte die Siegener Tagung begegnen, in Kooperation zwischen den Niederlanden und Deutschland, wobei auch der Blick auf den englischsprachigen Raum nicht ausgeblendet wurde.