Siegen
oder vom Verlust der Selbstbehauptung
von Parviz Amoghli, Alexander MeschnigIn militärischen Konflikten hat der Sieg strategische, organisatorische, wirtschaftliche und nicht zuletzt mentale Gründe. In der Regel ist es der Wille zur Selbstbehauptung und Opferbereitschaft, die über Sieg und Niederlage entscheiden. Die Verheerungen des 20. Jahrhunderts, zuletzt der Zweite Weltkrieg, haben diese mentale Disposition in der westlichen Welt geschwächt, wenn nicht gänzlich aufgelöst. Besonders in Deutschland haben Pazifismus und moralischer Universalismus zu einem tiefsitzenden Verdacht gegenüber jeder Form der Selbstbehauptung geführt. Die Unterscheidung zwischen Freund und Feind, zwischen Eigenem und Fremden, sind inzwischen restlos diskreditiert. Gleichzeitig hat das Erstarken des islamischen Fundamentalismus eine destruktive Dynamik entfaltet, die uns längst erreicht hat. Erst wenn die Fähigkeit zu „siegen“ zurückerlangt und Selbstgewissheit darüber gewonnen wird, was es zu verteidigen gilt, können die absehbaren globalen Herausforderungen bestanden werden. Doch es liegt der Verdacht nahe, dass die vorherrschende moralische Asymmetrie die mentale Grenze der Selbstbehauptung markiert, was exemplarisch seit dem September 2015 in Deutschland täglich vorgeführt wird.