Der islamische Palast auf der Alcazaba von Almeria
von Felix Arnold
Muhammad al-Mutasim, Herrscher über die Stadt Almería, hatte einen Traum: Auf seiner Burg sollten ihm seine Architekten eine Gartenvilla anlegen. Bis zu seinem Tod im Jahr 1091 entstand auf dem Burgberg – der so genannten Alcazaba von Almería – eine eigenwillige Synthese aus militärischer Festung, bürgerlichem Stadthaus und luxuriösem Lustschloss. Der Geograph al-Udhri, der den Palast noch zu Lebzeiten des Erbauers besuchte, schwärmte von seinem Obstgarten, dem aufwendigen Bewässerungssystem und einem Saal, dessen Fenster einen Ausblick auf die Stadt und den Hafen von Almería gewährten.
Viel ist von der Palastanlage des al-Mutasim nicht erhalten geblieben. Nach der Reconquista zerstörte im Jahr 1522 ein gewaltiges Erdbeben nicht nur die gesamte Stadt Almería, sondern auch den Palast. Erst eine archäologische Grabung förderte in den Jahren 1940 bis 1952 die Überreste des Palastes von al-Mutasim zutage: Neben Spuren des ehemaligen Palastgartens Reste einer Badeanlage sowie Fragmente der Granatapfeldekoration des Thronsaales. Die vorliegende Publikation dokumentiert erstmals umfassend die Ergebnisse dieser Grabung. Anhand einer ausführlichen Baubeschreibung sowie einer Analyse baukonstruktiver Methoden und architektonischer Entwurfsprinzipien zeichnet der Autor dabei die Entwicklung der Alcazaba nach, von ihrer Errichtung durch den Kalifen von Córdoba im Jahr 956 als Festung zur Sicherung des Militärhafens sowie der Werft von Almería bis zu ihrem Ausbau zum Lustschloss unter al-Mutasim und ihrer Weiternutzung durch Statthalter und Gouverneure des 12. bis 15. Jahrhunderts. Die lange Entstehungs- und Nutzungsgeschichte der Alcazaba von Almería bietet dabei die einzigartige Möglichkeit, dem Wandel in den Leitbildern islamischer Palastarchitektur und in den ihr zugrunde liegenden Herrschervorstellungen nachzugehen. Vervollständigt wird die Beschreibung des Palastes durch Beiträge zur Baudekoration, zur Weiternutzung der Alcazaba in christlicher Zeit und zu ihrer Geschichte als Baudenkmal im 19. und 20. Jahrhundert.
Der Traum, Burg und Gartenvilla in einem einzigen Bauwerk zu vereinen, blieb der islamischen Palastarchitektur der iberischen Halbinsel erhalten. Höhepunkt und Endpunkte der Versuche einer solchen Synthese war die Alhambra, die Palastanlage der Nasriden des 13. bis 15. Jahrhunderts in Granada. Die vorliegende Publikation erweitert unsere Kenntnis der architektonischen Vorläufer und Vorbilder der Alhambra, eines der bekanntesten und bemerkenswertesten Monumente des islamischen Andalusien.