Populäre Literatur des Spätmittelalters
Inkunabeln aus Zweibrücken (Jörg Geßler) Faksimileausgabe
Der Buchdruck mit gegossenen beweglichen Lettern beginnt in Zweibrücken mit Jörg Geßler. Alle Zweibrücker Drucke von ihm sind heute nur noch in einem einzigen Exemplar überliefert. Eine Auswahl davon ist in dieser Ausgabe faksimiliert.
Der älteste datierte Druck aus dem Jahr 1492 veröffentlicht einen Wunderbericht „Wie Arnolt Boßman ein Geist erschien“. Diese Mirakelgeschichte wurde sehr bekannt und ihre Wirkung reichte bis in die Reformationszeit. Boßmann, der aus der Gegend des heutigen Duisburg-Meiderich stammte, schildert seine Visionen, bei denen sich ihm in den Jahren 1437/38 der Geist seines Großvaters Heinrich offenbarte. Der Bericht, der im Laufe des Überlieferungsprozesses Veränderungen unterworfen war, erlangte große Popularität. Mit diesem Text wird ein Stück der selten überlieferten spätmittelalterlichen Volksliteratur faksimilert, der sich durch die lebhafte Art der Darstellung und einem gewissen Realismus von trockenem geistlichen Schrifttum unterscheidet.
Der zweite bekannte Druck von Jörg Geßler thematisiert ein aufsehenerregendes politisches Ereignis, den sogenannten „bretonischen Brautraub“ von 1491. Maximilian von Habsburg hatte per Stellvertreter Anne, die Erbin der Bretagne, geheiratet. Die Heirat wurde in Frankreich als Herausforderung und Fortsetzung habsburgischer Umklammerungspolitik gesehen. Karl VIII. von Frankreich marschierte daraufhin in die Bretagne ein und heiratete Anne de Bretagne 1491 selbst. Vorher hatte er ein bestehendes Verlöbnis mit Maximilians Tochter Margarethe von Österreich gelöst. Das Gedicht „Das Fräulein von Britannien“ von Hans Ortenstein griff den Stoff auf, wurde von Geßler gedruckt und erlangte im Volksmund große Beliebtheit.
Kommentare erläutern ausführlich die Hintergründe und Geschichte der Druckwerkstatt von Jörg Geßler.