Kunst und Plattenbausiedlungen
Prefabricated housing estates are a significant part of the architectural and cultural heritage in Europe. Prefabricated construction brought an entirely new philosophy of urban and housing development. The relationship between architecture and art in residential estates, specifically in the prefabricated housing estates of Vienna, which were built in the second half of the 20th century, has never previously been a central issue of national or international discourse regarding architecture and urban development. Between the 1960s and 1980s, several large prefabricated housing estates appeared in Vienna, all of which were adorned with numerous artworks. The artistic interventions in Viennese prefabricated housing estates were done either in the form of mural art on the building itself – design of facades and entrances – or in the form of free-standing artworks – sculptures and fountains. Special attention was also given to the design of children’s playgrounds. Some well-known Austrian artists, for instance Otto Beckmann, Wander Bertoni, Oskar Bottoli, Erna Frank, Alois Heidel, Anton Lehmden, Arnulf Neuwirth and Hans Staudacher, worked in the prefabricated housing estates.
In the history of art and architecture, the topic of “art in Viennese prefabricated housing estates” entails a range of questions that have never been solved in theory or practice. This publication attempts to find a fresh assessment of the relationship between art and architecture in Viennese prefabricated housing estates in a wide context of the urbanistic, social, artistic and ideological issues. The theoretical questions about public art and the art in prefabricated housing estates, the implementation of ideology from the Athens Charter in the after-war housing construction are analysed. Central issues relate to the city of Vienna as a patron, the questions of commissioned works of art for Gemeindebauten, the artists’ ambitions, themes and styles of the artworks, techniques and materials used for art in Viennese prefabricated housing estates and at least the reception of art in the architecture – a qualitative analysis of the residents’ perspectives.Plattenbausiedlungen sind ein wesentlicher Teil des europäischen Bau- und Kulturerbes. Die Errichtung dieser Siedlungen hat für mehrere Jahrzehnte die städtebaulichen, architektonischen, künstlerischen und sozialen Entwicklungen ebenso wie die Identität von Millionen europäischen Bürgern geprägt. Die Wohnanlagen provozieren durch ihre Schlichtheit und ihren Verzicht auf Schmuck und sind daher oftmals Gegenstand von Kritik. In den 1960er bis 1980er Jahren sind auch in Wien mehrere Großsiedlungen in Fertigteilbauweise entstanden, die mit einer Vielzahl von Kunstwerken – vor allem Plastiken, Skulpturen und Mosaiken – ausgestattet wurden. Die damit zusammenhängenden künstlerischen Aktivitäten sowie die künstlerische Bedeutung dieser Werke sind der breiten Öffentlichkeit jedoch bislang beinahe unbekannt. Dabei waren an der Gestaltung der Wiener Plattenbausiedlungen zahlreiche namhafte Künstlerinnen und Künstler beteiligt, wie etwa Otto Beckmann, Wander Bertoni, Oskar Bottoli, Erna Frank, Alois Heidel, Anton Lehmden, Arnulf Neuwirth, Hans Staudacher u. v. a.
Die Thematik der Kunst in Wiener Plattenbausiedlungen birgt ein für die Kunst- und Architekturgeschichte erhebliches Potential an sowohl theoretisch als auch inhaltlich ungelösten Fragestellungen. Zu Recht kann diese Ära des Wiener Plattenbaus als ein bis heute kaum erforschtes Kapitel der Kultur- und Kunstgeschichte des Wiener Gemeindebaus betrachtet werden. Die vorliegende Publikation möchte diese Forschungslücke schließen und setzt sich umfassend mit der Entwicklung des Phänomens Kunst im Plattenbau und dessen Bedeutung im Wiener städtebaulichen, sozialen, künstlerischen und ideologischen Kontext auseinander.
Auf der theoretischen Ebene erfolgt eine Auseinandersetzung mit den Begriffen Kunst am/und Bau sowie mit den theoretisch-ideologischen Wurzeln der Zwischenkriegszeit-Moderne und ihren Auswirkungen auf die Architektur und Kunst der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Wesentliche Forschungsschwerpunkte sind das Spannungsfeld zwischen Architektur und Kunst sowie zwischen dem Künstler, dem Auftraggeber und der Gesellschaft und des Weiteren die Auseinandersetzung mit den im Wiener Sozialwohnbau tätigen Künstlern, die Analyse der Kunstwerke in den Plattenbausiedlungen sowie die Frage nach ihrer Bedeutung für die Bewohner.