Ersichtlich gewordene Taten der Musik
Musikalische Ausdrucksbestimmungen in Wagners "Ring"
von Uwe FaerberWagner hätte, wie er einmal schrieb, seine Dramen gern als «ersichtlich gewordene Taten der Musik» bezeichnet. Was er damit meinte, hat bis heute noch keiner richtig erklärt. Es geht um die Frage, wie ‘klingende Tonfolgen’, die wir in erster Linie hören, plötzlich etwas in uns bewirken können, das uns «ersichtlich» wird. Diese vom Hören zum Sehen erweiterte Wahrnehmungsform ergibt sich daraus, daß jede Musik durch ihren Ablauf eine Bewegung in der Zeit und durch ihren Tonhöhenwechsel eine solche im Raum gestaltet. Durch ihren Bewegungsausdruck löst sie im Bewußtsein des Hörers ‘Bildvorstellungen’ (Assoziationen) aus. Der vorliegende Untersuchungsbeitrag bestimmt fast 90 Themen, jene noch immer so genannten «Leitmotive» des Rings, erstmals nach ihrem durch Assoziation «ersichtlich gewordenen» Ausdruck und bezieht sie – so eng, wie es bisher noch niemals möglich war – auf das aus ihnen hervorgehende dramatische Geschehen und dessen Personen.