Das Reformationsjubiläum 2017
Umstrittenes Erinnern
von Hartmut LehmannAls die Evangelische Kirche in Deutschland 2008 eine Lutherdekade als Vorbereitung auf das große Reformationsjubiläum des Jahres 2017 ausrief, hatte Hartmut Lehmann sich bereits viele Jahre mit den Lutherjubiläen der vergangenen Jahrhunderte beschäftigt. So lag es nahe, dass er auch die von der EKD im Hinblick auf 2017 unternommenen Aktivitäten beobachtete und sich dazu an verschiedenen Stellen äußerte. Außerdem wurde er in den Jahren zwischen 2008 und 2017 immer wieder zu Vorträgen über das bevorstehende Jubiläum gebeten. So entstanden eine Reihe von kritischen Kommentaren zum Reformationsfest 2017, von denen hier eine Auswahl vorliegt. Die Bilanz, die Hartmut Lehmann zieht, ist durchaus kritisch. Auf der einen Seite würdigt er zwar die Restaurationsarbeiten an den originalen Luthergedenkstätten, die großen nationalen Ausstellungen, die 2017 gezeigt wurden sowie einige neuere wissenschaftliche Arbeiten zu Luther und der Reformation. Auf der anderen Seite ist ihm aber aufgefallen, dass die EKD die nichtdeutschen protestantischen Kirchen nicht angemessen in die Vorbereitungen einbezogen hat – deshalb entstand in den Niederlanden Refo500; dass es der EKD und der Katholischen Kirche erst in der letzten Phase der Lutherdekade gelang, sich gemeinsam zu Fortschritten in der Ökumene zu bekennen; dass der Plan der EKD, die Lutherdekade als „Dekade der Freiheit“ zu feiern, auf viel Widerstand stieß; dass die EKD sich erst viel zu spät dezidiert von den fatalen Judenschriften Luthers distanzierte und dass für das große Jubiläumsfest im Jahre 2017 kein überzeugendes, über das Jahr hinaus strahlendes Motto gefunden wurde. Die Texte dieses Bandes entstanden zwischen 2008 und 2018. Sie machen deutlich, wie umstritten die Erinnerungsbemühungen an Martin Luther aus Anlass der 500jährigen Wiederkehr des Beginns der Reformation waren.