Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
im privatwirtschaftlichen Anwendungsbereich
von Monika BirnbaumDie Freiheit des einzelnen hört da auf, wo sie die Freiheit des anderen beeinträchtigt.
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland hält die Balance zwischen Freiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und Gleichheit (Art. 3 GG). Darauf aufbauend war das bürgerliche Recht bisher geprägt von der Privatautonomie, das heißt dem Recht der freien Gestaltung von Lebenssachverhalten in den Grenzen des Rechts, wobei bis auf ganz wenige Ausnahmen niemand bisher gezwungen war, mit anderen Rechtssubjekten Verträge einzugehen. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, am 18. August 2006 in Kraft getreten, greift in diese Balance zugunsten der Gleichheitsrechte ein und schränkt die Privatautonomie zugunsten eines Kontrahierungszwanges im Zivilrecht, das heißt im Recht der Schuldverhältnisse, z. B. im Miet- und Leasingrecht aber auch im Kaufrecht auf eine nie gekannte Weise ein, wenn es um den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen geht, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum.
Wer an wen vermietet, wer an wen verkauft, war bis auf die Ausnahmefälle einer Monopolstellung des Anbieters bisher eine Frage von ganz menschlichen Regungen. Sympathie zu Gleichgesinnten – gleiches Parteibuch, gleicher Kulturkreis, gleiche Landsmannschaft, gleiche Religion, aber auch gleiches Geschlecht oder gleiche sexuelle Identität – hat oft den Ausschlag gegeben, ob ein Vertrag zustande kam oder nicht.
Jetzt sollte man sich hüten, auf diese Kriterien abzustellen und vor allem laut zu sagen, dass man anders denkt. Denn mit dem neuen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz können solche Meinungsäußerungen, bisher noch von Artikel 5 GG (Recht der freien Meinungsäußerung) garantiert, ein Indizmerkmal dafür sein, dass man sich bei einem Vertragsabschluss nicht korrekt im Sinne des AGG verhalten hat, mit der Folge einer Beweislastumkehr zugunsten des Diskriminierten, dass eine Ungleichbehandlung nicht vorliegt. Die Meinungsäußerungsfreiheit ist damit für Menschen, die Güter öffentlich anbieten, indirekt beschränkt. „Der Staat, der Freiheit erst nach rationaler Begründung der Tugendhaftigkeit der Motive gewährt, entmündigt seine Bürger.“, denn die Vertragsabschlussfreiheit wird damit auf „anständiges Verhalten“ reduziert.