Tod der Rentenneurose
Psychische Erkrankungen im Haftungs- und Schadensrecht und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach weniger dramatisch erscheinenden Ereignissen
von Ansgar KellerIm Haftungs- und Schadensrecht ebenso wie im Erwerbsminderungsrecht stellen psychische Störungen mittlerweile das beherrschende Thema dar. Besonders problematisch sind Fälle, in denen für den äußeren Betrachter die Reaktion des Betroffenen nicht im Verhältnis zur Schwere der auslösenden Situation steht, wie z.B. bei leichten Auffahrunfällen. Nicht selten kommen dann Vorwürfe der Simulation und Begehrlichkeit auf. Die heute unhaltbare pseudo-wissenschaftliche These der „Rentenneurose“, wonach etwaige Begehrens- und Wunschvorstellungen des Betroffenen maßgeblicher Einflussfaktor für die Entstehung einer Traumafolgestörung sind, stellt der Autor in den Mittelpunkt seiner Ausführungen.
Die Arbeit erforscht die heutige Bedeutung dieses Problemkreises in Rechtspraxis und -wissenschaft. Dazu untersucht der Autor die genannten Rechtsgebiete in binnenrechtsvergleichender Weise zunächst isoliert und stellt sie sodann gegenüber.
Dabei werden die bestehenden rechtlichen Modelle und Theorien insbesondere auf ihre praktische Handhabbarkeit und dogmatische Tragfähigkeit geprüft. Es werden schließlich Lösungsvorschläge erarbeitet, wie gerade nach objektiv weniger schwerwiegend erscheinenden Ereignissen oder Belastungen die Verantwortungs- und Verursachungsbeiträge für eine psychische Störung besser verteilt werden können. Hierbei darf die oftmals schwierige Objektivierbarkeit und damit Nachweisbarkeit der Beschwerden nicht unberücksichtigt bleiben. Die Kernfrage ist indes, wie sich sekundärer Krankheitsgewinn und andere persönliche Mitwirkungsfaktoren auf den rechtlichen Anspruch auswirken.