Richter als "Religionswächter"? Zur gerichtlichen Überprüfbarkeit eines Glaubenswechsels.
Asylverfahren von Konvertiten in Deutschland und Großbritannien im Vergleich.
von Benjamin PernakDas Völkerrecht kennt keinen Anspruch auf Asyl. Auch die Religionsfreiheit im umfassenden Sinne, unter Einschluss ihrer negativen Ausprägung und des Rechts auf freien Religionswechsel, ist bislang kein universell anerkanntes Menschenrecht. Das weitgehend harmonisierte europäische Flüchtlingsrecht wurde seitens der deutschen Rechtsprechung nur zögerlich umgesetzt. Dem Europäischen Gerichtshof folgend steht nun auch für das Bundesverwaltungsgericht die religiöse Identität des Betroffenen im Mittelpunkt. Das religiös bedingte, verfolgungsauslösende Verhalten muss für den Einzelnen – nach seinem Glaubensverständnis – identitätsprägend sein. Der mitgliedschaftsrechtlichen Entscheidung einer Religionsgesellschaft kommt allenfalls indizielle Bedeutung zu. Der Autor leitet aus Grundsatzentscheidungen des britischen Supreme Court zur Verfolgung wegen der sexuellen Orientierung und der politischen Meinung ab, dass die Inanspruchnahme der negativen Religionsfreiheit – die Konfessionsfreiheit als »westlich geprägter Lebensstil« – gleichermaßen identitätsprägend und in Herkunftsländern mit strikter Staatsreligion ebenso verfolgungsträchtig wie ein Religionswechsel sein kann.»Judges as ›Religious Police‹?«
The core of the thesis is the protection of the religious identity of asylum seekers. It aims to answer the following questions: What role does the individual's right to freedom of religion play in asylum cases of religious converts? Is the state bound by the decision of a religious community that accepted an asylum seeker as a member when judging an asylum claim? Finally, based on the UK Supreme Court's decision on sexual orientation and political opinion, the thesis argues for equal protection of non-believers.