Täter-Opfer-Ausgleich im Strafvollzug.
Wissenschaftliche Begleitung des Modellprojekts Täter-Opfer-Ausgleich im baden-württembergischen Justizvollzug.
von Michael KilchlingSeit Übertragung der Gesetzgebungskompetenz für das Strafvollzugsrecht haben einige Bundesländer das Behandlungsangebot in den Vollzugsanstalten um bis dahin vernachlässigte opferbezogene Elemente ergänzt, die auch den Täter-Opfer-Ausgleich einschließen. Zu diesen Ländern zählt Baden-Württemberg, wo das Konzept der Restorative Justice nun auch im Strafvollzug nutzbar gemacht werden soll, zum einen zur Vermittlung von Einsicht und sozialer Kompetenz sowie als konkretes Lernfeld sozialer Verantwortungsübernahme für die Gefangenen, zum anderen, um auch Opfern schwerer und schwerster Straftaten den Zugang zum TOA und dessen Potenzial zur Unterstützung von Tatverarbeitung und Wiedergutmachung zu ermöglichen. Der Strafvollzug kann hier einen geschützten (äußeren) Rahmen bieten, in dem sich die Opfer sicher fühlen können.
In einem Modellprojekt wurde das Konzept 2013/2014 in vier Justizvollzugsanstalten praktisch erprobt und wissenschaftlich begleitet. Die Ergebnisse basieren auf ausführlichen Analysen zu den im Modellprojekt bearbeiteten Fällen, dem Ablauf dieser Verfahren einschließlich der Unterschiede zum »traditionellen« TOA sowie die Perzeption von Verfahrensverlauf und -ergebnissen durch die Beteiligten. Die Untersuchung basiert auf drei verschiedenen Zugängen und Datenquellen: objektiven Verfahrensdaten, aus Befragungen generierten Informationen zu Erfahrungen, Einstellungen und Motiven der beteiligten Parteien (Gefangene und Opfer) sowie Einschätzungen und Bewertungen beteiligter Praktikerinnen und Praktiker aus den Vollzugsanstalten. Die Studie schließt mit praktischen Empfehlungen zur permanenten Implementation des Täter-Opfer-Ausgleichs als flächendeckendes Angebot im Strafvollzug.