Luc Dardenne
Die Rückseite unserer Bilder I (1991–2005)
»Sich von allen Bildern […] befreien«, um neue und sehr einfache Bilder zu finden – so könnte man das Credo der Brüder Dardenne fassen, wenn die beiden, die vom Dokumentarfilm kommen, sich an ein neues Spielfilmprojekt machen.
Ausgangspunkt ist stets ein gesellschaftlich relevanter Konflikt, mitunter eine Zeitungsnotiz aus der Rubrik Vermischtes. Die Brüder entwickeln in langen Diskussionen daraus einen ›filmischen Stoff‹ und ein Drehbuch.
Im Verlauf der Dreharbeiten, die eine intensive Zusammenarbeit mit den Schauspielern darstellen, wird kaum etwas hinzugefügt, sondern hauptsächlich entschlackt: Gegenstände aus dem Bild entfernt, Sätze und Passagen aus dem Drehbuch gestrichen, Gesten reduziert.
Ziel ist, zu einer Wahrheit der Bilder und des Schauspielens zu gelangen, die nicht von vornherein verstellt ist durch klischierte Vorstellungen von etwas und so andere als bereits bekannte Antworten auf etwas liefern kann. Der industriellen Verfertigung von Spielfilmen wird mit radikaler Einfachheit der Mittel, mit der Arbeit an Originalschauplätzen und einem gewissen »Brutismus« im Umgang mit Licht, Ton und Kamera begegnet.
Die vorliegenden Tagebücher von Luc Dardenne sind Notate, die nicht die Drehs der beiden Brüder dokumentieren, sondern die Arbeit an ihren Filmen in anderen Filmen und Beobachtungen aus Literatur und Philosophie spiegeln und reflek-
tieren.