Dispargum 7
Diese und weitere Facetten der Geschichte spiegeln sich auch in den Beiträgen des jüngsten
Bandes unseres Jahrbuchs der Stadtarchäologie Dispargum wider. Bereits im ersten Aufsatz von
Manuel Hofmann, Franz Kempken und Julia Völz über Siedlungsspuren der frühen vorrömischen
Eisenzeit und der römischen Kaiserzeit in Duissern wird deutlich, welche Bevölkerungsgruppen
hier lebten und wie sie insbesondere zur Römerzeit Handel und auch technologischen Austausch
mit den auf der linken Rheinseite lebenden Menschen des Römischen Imperiums trieben. Kurz vor
Christi Geburt legten die Römer auf der linken Rheinseite ein erstes befestigtes Lager an, das
hauptsächlich dem Schutz der Baustelle des ersten größeren Römerlagers in Asciburgium, heute zu
Moers gehörig, diente. Die zugehörige Zivilsiedlung dagegen, der vicus, lag auf Duisburger Stadtgebiet
in Bergheim. Darüber berichtet Tilmann Bechert im zweiten Beitrag. Sowohl in den befestigten
Lagern, als auch in den Bereichen der Zivilsiedlung, fanden sich Überreste von Keramikgefäßen,
die einer einheimischen Gruppe von Menschen angehörten, und daneben Funde aus eindeutig
römischer Produktion. Im dritten Aufsatz von Franz Kempken und Julia Völz erfahren wir von
Ergebnissen der neuen Grabungen im Mercatorquartier. Durch jüngere Bauspuren teilweise zerstört
ließen sich dennoch auch Überreste des frühen Mittelalters dort auffinden. Besonders beachtlich
sind Funde, wie sie sonst nur in den Gräbern und Siedlungen der Wikinger zu finden sind. Sie
stellen einen deutlichen Beleg für die aus den Schriftquellen bekannten Raubzüge der Wikinger im
fränkischen Reich des 9. Jahrhunderts dar. In einem eigenen Beitrag von Brigitta Kunz wird ein
besonders spannender Fund der Wikingerzeit, eine durchbrochenes Zierbeschläg, das einst zu
einem Feuerstahl gehörte, genauer beleuchtet. Ebenfalls in der Duisburger Altstadt wurden in den
letzten Jahren viele neue archäologische Ergebnisse bei Grabungen erzielt, so bei einem Leitungsbauvorhaben,
das entlang der Unterstraße im Bereich der Einmündung Alte Rheinstraße einen
besonders wertvollen Fund eines keramischen Großgefäßes und eines Gebäuderestes aus Naturstein
aus der Zeit der Kaiserpfalz erbrachte. Zu diesem Fund berichtet der folgende Artikel von
Tobias T. Duczek. In diesem Gefäß konnten auch Knochen von Kleintieren geborgen werden, deren
Zusammensetzung und Datierung in einem weiteren Beitrag von Ralf-Jürgen Prillof besprochen
werden. Duisburg war über alle Jahrhunderte vom Handel geprägt, und so verwundert es nicht,
dass es auch sog. Rechenpfennige aus Nürnberg bis nach Duisburg geschafft hatten. Darüber handelt
der folgende Beitrag von Marius Kröner. Duisburg und sein Umland gehörte ab dem späten
Mittelalter zu verschiedenen Herrschaften, und so wurde an vielen Orten im heutigen Stadtgebiet
Recht gesprochen. Wie in kaum einer anderen Stadt in Deutschland gab es in Duisburg daher eine
Vielzahl an Richtstätten, die sich vor allem in historischen Karten und Plänen nachweisen lassen
und die in einem Beitrag von Jörn Lück besprochen werden. Die Duisburger Altstadt wurde 1566
von Johannes Corputius detailliert in Kupfer gestochen. Diese einmalige Bildquelle galt bislang
immer als besonders exakt vermessen. In meinem Beitrag konnte ich aufzeigen, was es mit der
Genauigkeit des Planes auf sich hat und wie raffiniert Corputius den Plan geradezu „komponiert“
hatte. Nicht nur im Mittelalter, auch in der Neuzeit wurde und wird in Duisburg Bier gebraut. Viele
frühere Bierflaschen sind bei Ausgrabungen zu Tage gekommen und lagern seitdem im Fundarchiv
der Stadtarchäologie. Ihnen, den einstigen Brauereien und den Bierhändlern widmet die Leiterin
unseres Fundarchivs, Meike Hachmeyer, den nächsten Beitrag. Duisburg war sehr früh bereits eine
von Fabriken geprägte Stadt. Die Herstellung von Soda ließ sich in einer großen Fabrikanlage an
der Werftstraße, von der heute nichts mehr zu sehen ist, archäologisch nachweisen. Der Beitrag
von Eicke Granser zeigt die frühe chemische Produktion in Duisburg und ihre jüngere Entwicklung
auf. Wie aus den schlaglichtartig genannten Aspekten der Duisburger Geschichte, über die die
Beiträge handeln, zu sehen, weist Duisburg eine umfangreiche und bedeutende Geschichte auch
längst vor der sog. Industrialisierung im 19. Jahrhundert auf. Um so verwunderlicher, dass sich viele
hier dieser Tatsache gar nicht bewusst sind. Die wirtschaftlichen Umbrüche der letzten Jahrzehnte
und die daraus bedingte Deindustrialisierung führt zu einem Phänomen, das in der Forschung
Folklorismus genannt wird. Damit setzt sich der letzte Aufsatz in diesem Band von Maxi Maria Platz
auseinander. Abgeschlossen wird das umfangreiche und vielfältige Werk wieder mit einem Rückblick
auf die Grabungen im Jahr 2022 von Brigitta Kunz, Anke Berkenhaus und Marius Kröner und
mit meiner Übersicht der Grabungen, die es in der Altstadt zwischen 1963 und 1984 gab.