Hemipareseprogramm 1
Übungen mit dem Gehstock im Sitzen und Stehen
von Maik HartwigPatienten in der Neurorehabilitation möchten vor allem größtmögliche
Selbstständigkeit erreichen und ihre Abhängigkeit von fremder Hilfe verringern. Neben der Verbesserung von Mobilitätsfaktoren wie Haltungskontrolle,
Balance, Wechsel der Körperposition, Stehen und Gehen ist das Wiedererlangen von aktiven Arm- und Handfunktionen eine wichtige Voraussetzung,
um diese Ziele zu erreichen und selbstbestimmt am Leben in der Familie, der
sozialen Gemeinschaft sowie in Beruf und Freizeit teilzuhaben.
Der aktuelle Forschungsstand im Bereich des motorischen Lernens zeigt
uns mittlerweile wirksame Therapieverfahren zur Verbesserung von eingeschränkten Bewegungen und Funktionen der geschwächten oder gelähmten
(paretischen) oberen Extremität auf. Zudem beantworten neue wissenschaftliche Erkenntnisse zunehmend die Frage nach wirksamen Vorgehensweisen
und inhaltlicher Gestaltung für das Arm- und Handfunktionstraining.
Für ein (Wieder-)Erlernen von Funktionen sind nicht nur die Anregung der
neuronalen Plastizität und damit die Förderung des Lernens im Sinne einer
Gedächtniskonsolidierung, die kortikale Reorganisation oder die Vermeidung
des erlernten Nichtgebrauchs der betroffenen Extremität zu beachten. Vor
allem pathologische Tonusverhältnisse (Hypertonus- und/oder Spastizität)
bei Paresen können den ökonomischen und effizienten Einsatz von Arm und
Hand negativ beeinflussen. Zur Behandlung dieser Symptome im Rahmen
des Trainings liegen ebenfalls Wirksamkeitsnachweise aus Studien vor.
Das dreiteilige „Hemipareseprogramm“ kombiniert diese Erkenntnisse über
das motorische Lernen mit professionellen praktischen Erfahrungen und
bezieht dabei das eigenständige Erlernen aktiver Tonuskontrolle sowie eine
Spastikreduzierung mit ein. Die jeweiligen Übungen orientieren sich an den
evidenzbasierten Verfahren „Aufgabenspezifisches und zielorientiertes Training“ unter Einbeziehung aller Kernelemente des motorischen Lernens:
• Motivation (Autonomie und erhöhte Erwartungen)
• Aufgaben- und Zielorientierung
• Bio-Feedback (taktil, visuell, akustisch)
• Repetition
• Kontextbezogenheit
• „Shaping“ (Steigerung der Aufgabenschwierigkeit in Abhängigkeit von den erlernten Fähigkeiten)
• Arbeiten an der Leistungsgrenze
• Externaler Fokus (auf den Effekt der Bewegung gerichteter Aufmerksamkeitsfokus).