Recycling und Rohstoffe, Band 4
Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit von Organisation und Technik für Recyclingverfahren sollen so gestaltet werden, dass sie qualitativ und quantitativ effizient zur Rohstoffversorgung der Wirtschaft beitragen, dies sowohl für die Strom- und Wärmeerzeugung als auch für die industrielle Produktion. Zukünftig sollen nach dem Willen der Politik und den Forderungen der Wirtschaft noch mehr als bisher aus Abfällen Sekundärrohstoffe und Ersatzbrennstoffe hergestellt und eingesetzt werden.
Industrieproduktion und Arbeitsplätze hängen u.a. von der Verfügbarkeit von Rohstoffen ab. Deutschland gehört zu den rohstoffarmen Ländern, hat aber für seine Energieversorgung und seine Produktion erheblichen Rohstoffbedarf. In 2008 wurden Rohstoffe im Wert von 126 Milliarden Euro nach Deutschland importiert; im Inland wurden im gleichen Zeitraum nur Rohstoffe im Wert von rund zehn Milliarden Euro gefördert. Die Situation wird durch den Export von Abfällen, die hier benötigte Rohstoffe enthalten, verschärft.
Mit dem Export z.B. von Altfahrzeugen sowie Elektro- und Elektronikaltgeräten nach Afrika und Asien wird nicht nur auf die darin enthaltenen sekundären Rohstoffe verzichtet, die als primäre Rohstoffe eingeführt werden müssen. Unkontrollierter Export verursacht auch Umweltprobleme und Gesundheitsgefahren in den importierenden Schwellen- und Entwicklungsländern, weil dort Recyclingmaßnahmen in aller Regel weder vollständig noch unter Beachtung von Umweltschutz und Arbeitsschutz durchgeführt werden. Dem umweltverträglichen Export – jedoch nicht dem mit dem Export einhergehenden Rohstoffverlust – kann durch koordinierte Überwachung sowohl bei den exportierenden als auch bei den importierenden Ländern entgegengewirkt werden.
Weitere Ziele der europäischen Politik zur Rohstoffsicherung sind der verbesserte Zugang zu Rohstoffen in rohstoffreichen Ländern und die Schließung von Stoffkreisläufen im Inland. Der Rohstoffzugang auf internationalen Märkten soll erleichtert und aus europäischen Quellen verbessert werden. Stoffkreisläufe sollen geschlossen und hochwertige Sekundärrohstoffe
sollen aus Abfällen gewonnen werden.
Dies sind Herausforderungen sowohl für die Politik und den Gesetzgeber als auch für die produzierende Industrie und die Recyclingwirtschaft, aber auch für die Konsumenten. Dabei sind die Ziele der umweltgerechten Abfallentsorgung – einschließlich der Recyclingverfahren – mit denen der sicheren Rohstoffversorgung gleichwertig. Dafür sind verschiedene
Aktivitäten eingeleitet und zum Teil schon auf gutem Weg, wie in diesem Buch in verschiedenen Beiträgen dargestellt wird.
• Das Recyclingpotential der relevanten Abfallströme wird hinsichtlich der darin enthaltenen Rohstoffe unter Beachtung des Stands der Technik und des Entwicklungspotentials bestimmt. Zu unterscheiden sind das theoretische und das nutzbare Wertstoffpotential, wobei letztes keine Konstante ist, sondern vielfältigen Einflüssen unterliegt, wie Verhalten der Abfallbesitzer, Organisation und Technik der Entsorgungsverfahren und Akzeptanz der produzierenden Industrie und der Verbraucher.
• Konzepte für Erfassungssysteme und für Recyclingverfahren zur Rückführung der in den Abfällen enthaltenen Rohstoffe in den Stoffkreislauf werden entwickelt, soweit sie noch nicht existieren.
• Anreize, gesetzliche Regelungen, Normen und Richtlinien für die effiziente Erfassung und Behandlung der Abfälle sowie für die Verwertung der Sekundärrohstoffe wurden geschaffen und werden permanent weiterentwickelt.
In diesem Buch werden strategische Fragen zur Ressourcensicherung aus Abfallströmen, u.a. von Reinhard Kaiser vom BMU, Professor Goldmann von der TU Clausthal und Dr. Marscheider-Weidemann vom Fraunhofer Institut ISI behandelt.
Mit dem Thema Seltene-Erden-Ökonomie befasst sich Dr. Schüler vom Öko-Institut. Dr. Bardt vom Institut der deutschen Wirtschaft untersucht die Frage, ob und wie Recycling einen Beitrag zur Rohstoffsicherung leisten kann. Über aktuelle Fragen des Recyclings von Haushaltsabfällen schreiben Professor Rommel vom bifa Umweltinstitut, bvse-Präsident
Landers sowie Rechtsanwalt Gaßner. Des weiteren werden Abfall-Massenströme, strategische Rohstoffe in und aus Abfallströmen sowie aufbereitungstechnische Entwicklungen ausführlich und kompetent dargestellt.