Der Caprivizipfel während der deutschen Kolonialzeit 1890–1914
von Maria FischIm Helgoland-Sansibar-Vertrag vom 1. Juli 1890 war Deutschland ein schmaler Landstreifen zwischen dem 21° ö.L. und dem Zambezi zuerkannt worden, der nach dem preußischen Offizier und deutschen Reichskanzler (von 1880 bis 1884) Leo von Caprivi den Namen „Caprivizipfel“ erhielt.
Zwischen 1890 und 1908 entwickelte sich das zunehmend jeder Kontrolle entbehrende Gebiet zu einem Niemandsland, einem Eldorado für Wilderer und einem Asyl für Kriminelle und Außenseiter der Gesellschaft. Erst 1908 entschloss sich die deutsche Kolonialregierung, die hohen Finanzmittel für die Errichtung einer Residentur im Caprivizipfel zu genehmigen. Der fünfjährige Zeitraum der Ausübung einer deutschen Verwaltung ging im Jahre 1914 mit der Übergabe der Residentur an Einheiten der „British South Africa Police“ zu Ende.
Die deutsche Kolonialzeit im Caprivizipfel ist unwiderruflich mit dem Namen von Hauptmann Kurt Streitwolf verbunden, denn die eigene Dokumentation über seine Amtszeit in Namibia unter dem Titel „Der Caprivizipfel“ (1911) und die Biographie von Ernest Lodevicus Paul Stals „Kurt Streitwolf: Sy Werk in Suidwes-Afrika 1899-1914“ (1979) sind bisher die einzigen Veröffentlichungen, die sich mit diesem so wichtigen Abschnitt deutscher Kolonialzeit und namibianischer Geschichte befassen. Dank seines klaren politischen Urteilsvermögens war Streitwolf nach kurzem Aufenthalt dazu in der Lage, eine Verwaltung einzurichten, die auf der traditionellen Ordnung aufbaute und so effektiv war, dass sie bis in die Neuzeit allen politischen Veränderungen standgehalten hat.
Streitwolfs Nachfolger – Oberleutnant Hans Kaufmann und Oberleutnant Viktor von Frankenberg – erlebten während der zweiten Amtsperiode im Jahre 1914 das Ende der deutschen Verwaltung im Caprivizipfel und die ungewöhnlichen Umstände, unter denen die Übergabe der Residentur Schuckmannsburg an Einheiten der British South Africa Police erfolgte. Diese Studie behandelt nicht nur die knapp fünfjährige Periode deutscher Verwaltung, sondern gibt auch einen Überblick über die Ereignisse während der achtzehn Jahre (1890–1908), die der Annexion des Caprivizipfels durch Deutschland folgten. Als Quellenmaterial für diese Arbeit wurden in erster Linie die Kolonialakten des National Archives of Namibia verwendet. Das Werk wird durch zahlreiche zeitgenössische Fotos, Karten und Wiedergaben von Briefdokumenten illustriert.
BESPRECHUNGEN
„Fisch’s study is a rare piece of work, giving indeed an impression of the evolution of an African population group over two centuries.“
(Alexander Keese im „Jahrbuch für Europäische Überseegeschichte” 8/2008, 377-379)
„Using literature and archival sources Fisch relates events in a ‘close distance’ style focusing on the action of individual people [...] involved in the migration process and conflict.”
(Ulrich Oberdiek in „Anthropological Abstracts“, www.anthropology-online.de/Aga06/0069.html, pp. 1)
Weitere Werke der Autorin in derselben Schriftenreihe:
„Die südafrikanische Militärverwaltung (1915–1920) und die frühe Mandatszeit (1920–1936) in der Kavango-Region / Namibia“, ISBN 978-3-89645-360-0.
„The Mbukushu in Angola – A History of Migration, Flight and Royal Rainmaking“, ISBN 978-3-89645-350-1.
Dr. Maria Fisch war langjähriger Counterpart des interdisziplinären Sonderforschungsbereichs 389 „Kultur- und Landschaftswandel im ariden Afrika – Entwicklungsprozesse unter ökologischen Grenzbedingungen“ (1995–2007) der Universität zu Köln.