Das Buch in der Spätantike
Herstellung, Form, Ausstattung und Verbreitung in der westlichen Reichshälfte des Imperium Romanum
von Renate Schipke
In der modernen Forschung gilt die Spätantike als eine durchaus eigenständige historische Epoche, die eher durch eine gewisse Stetigkeit und Dominanz römischer Traditionen als durch deutliche Brüche geprägt ist. Das Ziel dieser Untersuchung besteht darin nachzuweisen, dass auch das Buchwesen dieser Epoche für sich einen eigenständigen Charakter beanspruchen kann.
Im Mittelpunkt der Argumentation stehen die materielle Beschaffenheit, die Herstellung und die Verbreitung des Buches. Eingebettet in die allgemeine Kultur- und Geistesgeschichte werden folgende Fragen diskutiert: Wirken sich Veränderungen im politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gefüge auf das Buch aus und gibt es neue Aspekte im Buchwesen? Sind Veränderungen klar erkennbar und als solche in den zeitgenössischen Quellen wahrgenommen worden? Ist der Unterschied zwischen antiker und mittelalterlicher Buchherstellung in der Spätantike nachweisbar? Erhält das Buch eine veränderte Wertigkeit? Welche Rolle spielen die Produzenten und werden sie in den Quellen gewürdigt?
Die Erörterung der o.g. Thematik und die Suche nach Antworten auf diese Fragen führte (in gedrängter Form) zu folgenden Ergebnissen. Der Codex als Buchform bot neue bisher unbekannte Gestaltungsmöglichkeiten, die es zu erkennen und auszuschöpfen galt. Bereits in der Spätantike entwickelte sich eine Herstellungsweise, die der klassischen Antike unbekannt war: die Vervielfältigung in klösterlichen Skriptorien. Die von antiker Tradition, Bildung und Wissenschaft geprägte Oberschicht des Römischen Reiches fand sich infolge der veränderten politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in gelehrten Gemeinschaften zusammen, um hier das schriftliche Erbe zu sammeln, zu pflegen und zu erhalten. Die konkrete Umsetzung erfolgte durch das Abschreiben von relevanten Texten. Hinzu traten die christlichen Gemeinschaften, die für ihr Zusammenleben Regeln schufen, in denen sie auch für die praktische Umsetzung ihres Glaubens die Herstellung von Büchern verankerten. In den Klöstern entstanden die Skriptorien mit gut ausgebildetem Personal. Das in der Spätantike zu staatlicher Anerkennung gelangte Christentum war eine Buchreligion. Als Textträger der Heiligen Schriften erfuhr das Buch eine außerordentliche Wertschätzung. Die mit der Etablierung des Christentums entstandenen höheren Verwaltungsinstitutionen boten der römischen Oberschicht eine Alternative zu den verloren gegangenen staatlichen Ämtern. Der römische Bildungsgedanke drang in die christlichen Institutionen ein und konnte in die Folgezeit tradiert werden. Das Buch als Bildungs- und Glaubensträger hatte einen fruchtbaren Boden gefunden, in dem es wurzeln konnte.
Die Schlussfolgerungen beruhen auf einer breiten Basis literarischer, paläographischer und epigraphischer Quellen.
Modern historians describes late antiquity as a period with an own face, different from classical antiquity and Middle Ages. Development was more slowly and without crashs, also roman traditions have been very important for a long time. Purpose of this essay is showing, that book making of late antiquity has too its own feature. Items of research are materials, the outfit, production and distribution. There are following questions. Do you can see, if changed political, social and economical conditions impress the book and give it new viewpoints? Do you find these changes also in contemporaries sources of writers? Differences between the antique and medieval world of books making, can you it recognize in late antiquity? Do the book get a new evaluation? What is the meaning of producers and do they are mentioned in the sources? After consulting sources and literature in order to give answers to the named questions it is possible to realize following results. The codex, the new design of book, was able giving a lot of new and until now unknown arrangements to create books. Already in late antiquity you could recognize one development of making books, unknown in antiquity: production in special offices of monasteries. Because political, social and economical conditions have changed, the roman High Society, connected with roman literary and scientific traditions, created special associations, where they could collect, take care und keep their cultural heritage. Important texts are here copied “for ever “. It was the example to write manuscripts and to create libraries in medieval monasteries. At the same time christian communities have been founded with special rules in order to live commonly and to practice their christian faith. Therefore it was necessary making their own books. Duty of writing was an important part of rules and the labor of scribes became very honorable. In late antiquity Christianity obtained public and political acceptance and you have to know: it is the religion of book. The Holy Scriptures, copied in manuscripts, gave books a great importance. Established Christianity has founded a lot of public institutions with very much important jobs. Because of the changed times members of the educated pagan roman society also could have these jobs. And on this way pagan roman tradition, literature and science came into christian institutions. Their transmission by books into the following medieval period could be managed. All of these conclusions based on literary, paleographic and epigraphic sources.