Der mittelalterliche Burgstall Turenberc/Druisheim
Archäologische Untersuchungen 2001 bis 2007 am römischen Militärplatz Submuntorium/Burghöfe an der oberen Donau
von Christian Later
Obwohl Bayern einen riesigen Bestand an mittelalterlichen Burgen, Ruinen und Burgställen aufweist, wurde nur ein geringer Teil dieser Anlagen archäologisch untersucht. Besonders bezüglich der Genese der mittelalterlichen Adelsburg bestehen noch viele offene Fragen, auch wenn die Forschung in den letzten Jahren große Fortschritte bei deren Klärung erzielen konnte. Das Hauptinteresse galt vor allem wichtigen Dynastenburgen, die aber für die Masse der meist nur lokal bedeutenden Adelssitze nicht repräsentativ sind.
Bei der Untersuchung des spätrömischen Kastells „Submuntorium“/Burghöfe bei Mertingen waren erste Einblicke in die Frühzeit des dortigen Burgstalls zu gewinnen, von dem außer einigen Metallfunden des älteren und hohen Mittelalters kaum etwas bekannt war. Dies bot die Möglichkeit, die Entstehung und Entwicklung einer kleinen Adelsburg zu erforschen.
Ziel dieser Arbeit ist die Vorlage der mittelalterlichen Befunde und Funde und deren Einbindung in einen lokalhistorischen Kontext. Bewusst wurde ein Schwerpunkt auf die typologisch-chronologische Einordnung des umfangreichen Fundmaterials gelegt, das in Zukunft einen wichtigen Referenzkomplex für Siedlungsfunde im nördlichen Bayerisch-Schwaben mit einer zeitlichen Spannweite vom späten 7. bis in das 15. Jahrhundert darstellen dürfte.
Trotz der kleinflächigen archäologischen Aufschlüsse kann anhand der Befunde und Funde in Kombination mit geophysikalischen Messdaten, topographischen Beobachtungen und Analogieschlüssen die Entstehung der Burganlage aus einem befestigten karolingisch-ottonischen Herrenhof heraus skizziert werden. Der ausführliche Vergleich mit Burgen und Pfalzen des älteren und hohen Mittelalters vornehmlich aus Süddeutschland belegt, dass die Befestigung des 9. bis 11. Jahrhunderts eher wirtschaftlich als militärisch ausgerichtet war. In ihrer Grundstruktur besitzt die Anlage nur wenige Parallelen. Diese mehrere Hektar große „curtis“ wurde unter Beibehaltung der gesamten Fläche bis in das ausgehende 12. Jahrhundert sukzessive zu einer Burg ausgebaut und dürfte aus historischen Erwägungen heraus mit dem im königlichen Tafelgüterverzeichnis genannten „Turenberc“ zu identifizieren sein, das dem staufischen Markt- und Pfalzort Donauwörth als Versorgungshof zuzuordnen ist. Erst ab dem 13. Jahrhundert, mit dem Übergang der „Turenberc“ oder Druisheim genannten Burg an verschiedene lokal begüterte Adelsgeschlechter, namentlich der Pappenheimer, Wittelsbacher und Waler, folgt die Bauentwicklung der Burg den regionaltypischen Tendenzen.
Die unerwarteten Ergebnisse bereichern die Kenntnis des Burgenbaus nicht nur im unteren Lechtal erheblich, sondern stellen auch für die Burgenlandschaft Bayern einen großen Gewinn dar. Ein numismatischer Beitrag von B. Päffgen zu einem karolingischen Denar aus Burghöfe rundet die vorliegende Publikation ab.
Although Bavaria has numerous castles, ruins and sites of former castles, few have been archaeologically investigated. The genesis of medieval aristocratic castles still poses a lot of questions, although during the last years archaeology has made major advances in answering them. Research focused mainly on castles owned by renowned dynasties; these, however, are not statistically representative of the majority of aristocratic castles which were mostly only of local importance.
The archaeological research on the late Roman fort of “Submuntorium”/Burghöfe near Mertingen provided the opportunity to explore the early stages of the development of a small medieval castle, which was only known by a few metal small finds of the 7th to 10th century.
The aim of this study is the publication of the archaeological features and finds and to link them with the historical background. Special attention is paid to the typochronological analysis of the vast number of finds, hereby establishing a basis for future research on settlements from northern Bayerisch-Schwaben dating from the 7th to 15th century.
Despite the small excavated area, both archaeological features and finds in combination with geophysical data, topographical observations and conclusions by analogy point to an initial phase as a fortified Carolingian-Ottonian mansion. The detailed comparison with castles and imperial palaces of the Early and High Middle Ages, mainly from Southern Germany, proves that the fortification of the 9th to 11th century had an economic rather than a military function. The settlement structure is rarely paralleled in contemporaneous castle architecture. This “curtis” measuring several hectares was transformed into a castle by the end of the 12th century. Considerations of various historical aspects allow an identification of this castle with a site named “Turenberc”, which was listed as part of royal property and can probably be interpreted as an access yard for the market and the royal castle in Donauwörth. It is not until the beginning of the 13th century, when the castle named “Turenberc” or Druisheim became the property of different dynasties, especially the Pappenheimer, Wittelsbacher and Waler, that the castle can be incorporated into regional architectural tendencies.
These unexpected results enrich the knowledge of castle architecture not only in the lower parts of the river Lech valley but also for the whole of Bavaria. A numismatic article by B. Päffgen about a Carolingian denar found in Burghöfe completes the present publication.