Antike Musterblätter
Wirkkartons aus dem spätantiken und frühbyzantinischen Ägypten
von Annemarie Stauffer
Die Frage nach antiken Mustervorlagen und damit verbunden die Frage nach antiker Werkstattorganisation hat Wissenschaftler verschiedener Disziplinen in den vergangenen Jahren intensiv beschäftigt. Durch ihre Forschungen zur spätantiken Textilgeschichte stieß Annemarie Stauffer vor einigen Jahren auf Papyrusillustrationen aus Ägypten, die augenscheinlich als Vorlagen in der Textilherstellung gedient haben. Im Rahmen einer interdisziplinär angelegten Forschungsarbeit wurden die Bestände sämtlicher namhafter europäischer und außereuropäischer Papyrussammlungen systematisch nach solchen Vorlagen für Weber durchsucht. Über hundert erhaltene Beispiele konnten dabei wissenschaftlich erfasst werden.
Die große Zahl der erhaltenen Mustervorlagen erlaubte es, diese nach gemeinsamen Merkmalen zu befragen und die Vorlagen originalen spätantiken und frühbyzantinischen Textilien gegenüber zu stellen. Aus der Beschäftigung mit dem reichhaltigen Material ergeben sich überraschende und klare Einblicke in den antiken Werkstattbetrieb sowie vielfältige Hinweise dazu wie Vorlagen in den Webateliers umgesetzt wurden, wie genau die Weber sich an die Vorlagen hielten bzw. wie weit sie sich die Freiheit für eigene Gestaltungsmöglichkeiten nahmen.
Im ersten Teil der Publikation werden die klar fassbaren Charakteristika der Musterkartons für Wirker vorgestellt, die Vorlagen selbst gegen andere Gruppen spätantiker Papyrusillustrationen abgegrenzt, die Arbeitsweise mit solchen Vorlagen erläutert und Fragen des künstlerischen Umgangs mit derartigen Vorgaben diskutiert.
Es schließt sich ein ausführlicher vergleichender Katalog der behandelten Mustervorlagen auf Papyrus an, in dem alle Beispiele in Schwarz-Weiß und Farbe abgebildet werden. Erstmals werden die Vorlagen zeitgleichen Textilien gegenübergestellt. Dadurch wird die Art und Weise, wie solche Vorlagen ins textile Medium umgesetzt wurden, augenfällig und leicht nachvollziehbar. Ein Tafelteil mit 48 Farbtafeln ergänzt den wissenschaftlichen Katalog.
Das in der Publikation erstmalig in dieser Weise vorgeführte Material wirft neues Licht auf den Umgang mit Vorlagen nicht nur im Bereich der Textilkunst, sondern auch in anderen kunsthandwerklichen Bereichen wie der Mosaikkunst, Bauplastik und Kleinkunst. Die Publikation richtet sich deshalb nicht nur an Textilhistoriker, sondern an einen breiten Kreis von Altertumsforschern, Archäologen, Papyrologen und Kunsthistorikern.
The use of models and pattern sheets in Antiquity is still much discussed among scholars. While lost for other works of art, a considerable number painted on papyrus and used in textile work shops has been found in Egypt. Such cartoons on papyrus are preserved from Antique, Byzantine and Islamic times. They have been found in rubbish heaps at different places in the Nile valley. The considerably high number of items proves that cartoons have not been some thing extraordinary but had been a familiar instrument in textile production.
The present publication emerges from a detailed study of these models with special focus on common characteristics of the patterns as well as on workshop practices transferring the information on papyrus to woven textiles. In the second part the model sheets are compared with woven textiles daily use thus making evident the way of transformation from model to textile. The catalogue raisonné is concluded by 48 colour plates. The publication gives new insight not only into the day to day work of a textile workshop but also into general workshop practices in other fields of art such as mosaists or sculptors. Thus the publication is not restricted to textile specialists only but touches questions of archaeology, art history and economic history as well.