Der Zeuskult bei den Westgriechen
von Mirko Vonderstein
Zeus gehörte zu den wichtigsten griechischen Gottheiten und wurde in der gesamten griechischen Welt verehrt. Das hohe Ansehen, das der Gott sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich genoss, ist durch zahlreiche Kulte und eine Vielzahl unterschiedlicher Kultbeinamen wie Eleutherios, Olympios oder Soter belegt.
Dieser Band gibt erstmals einen umfassenden Überblick über die unterschiedlichen Verehrungsformen und Kulte des Gottes in der Magna Graecia und auf Sizilien. Dabei werden vor allem auch die lokalen Unterschiede in der Verehrung des Gottes vor dem Hintergrund seiner gesamtgriechischen und von antiker Literatur und Mythos geprägten Gestalt beleuchtet. Der zeitliche Rahmen der Untersuchung reicht von der Gründung der ersten griechischen Städte im Westen im späten 8. Jh. v. Chr. bis zur Eingliederung der Poleis in das römische Reich.
Für die Rekonstruktion der Zeusverehrung in den jeweiligen Poleis berücksichtigt der Autor sämtliche aussagekräftigen Kultbelege, zu denen archäologisches Material wie Terrakotten, Großplastik und Baubefunde ebenso gehören wie inschriftliche und literarische Zeugnisse. Eine wichtige Quelle sind zudem die Münzen: Für einige Städte unterstreichen sie die Stellung des Göttervaters als Polisgottheit, in anderen Fällen dokumentieren sie das eng mit Ereignissen der politischen Geschichte verbundene, kurzzeitige Aufblühen von Kulten wie jenen des Zeus Eleutherios oder des Zeus Hellanios. Für den am Ätna verehrten Zeus Aitnaios überliefern uns die Münzbilder schließlich auch eine Vorstellung von dem einst prächtigen, heute nicht mehr erhaltenen Kultbild.
Mit Hilfe der Kultbelege wird die Zeusverehrung
städteweise und in Hinblick u. a. auf die sakrale Topographie, Art und Funktion der Priesterschaft, besondere lokale Kultbräuche und Charakter der Votive nachvollzogen.
Da die Siedler neben politischen und künstlerischen Traditionen auch religiöse Bräuche aus ihren Heimatorten übertrugen, werden außerdem die jeweiligen mutterländischen Kulte eingehend berücksichtigt. Ein weiteres Augenmerk gilt den Beziehungen der Griechenstädte zu den einheimischen italischen und sizilischen Volksstämmen sowie den Einflüssen der Zeusheiligtümer von Olympia und Dodona auf die westgriechischen Poleis. Auf diese Weise lässt sich vor allem für die westgriechischen Städte dorisch-achäischer Abstammung eine besonders intensive Verehrung von Zeus Olympios nachweisen, die ihren Ursprung in den engen Kontakten zu Olympia seit der Zeit der Kolonisation hatte.