Das Kometenjahr 1618
Antikes und zeitgenössisches Wissen in der frühneuzeitlichen Kometenliteratur des deutschsprachigen Raumes
von Marion GindhartSeit dem Altertum erfahren Kometen eine vielfältige Rezeption, die teilweise von starken Traditionslinien dominiert wird. Diese Studie untersucht exemplarisch für das Jahr 1618, in dem drei Kometen erschienen, den Umgang mit den geschwentzten Sternen in zeitgenössischen Druckschriften aus dem deutschsprachigen Raum. Anhand eingehender Analysen bisher unerschlossener volkssprachiger und lateinischer Texte und ihrer Verortung in traditionellen und zeitgenössischen Diskursen wird hier gezeigt, welche Wissensmodelle und Wissensinhalte die frühneuzeitliche Kometenliteratur in Auseinandersetzung mit der Antike entwickelt, funktionalisiert und – in bewussten Brüchen mit der Tradition – neu zu etablieren versucht. Kometen (insbesondere der breit wahrgenommene Winterkomet 1618/19) werden nun je nach Kontext in ganz unterschiedlicher Weise erklärt und instrumentalisiert – etwa als göttliche Zornzeichen und Signale im konfessionellen Kampf, als Mittel politischer Propaganda oder als wissenschaftliche Beweise für das heliozentrische System.