Musker und Phryger
Ein Beitrag zur Geschichte Anatoliens vom 12. bis zum 7. Jahrhundert v. Chr.
von Anne-Maria Wittke
Das vorliegende Beiheft, das die TAVO-Karte B IV 8 „Östlicher Mittelmeerraum und Mesopotamien um 700 v. Chr.“ kommentiert, befasst sich mit dem Übergang von der ausgehenden Spätbronze- zur Früheisenzeit (ca. 1200 bis 700 v. Chr.) in Anatolien und den politischen Entwicklungen dieses Zeitraumes.
Im Mittelpunkt steht die Behandlung des historischen, aber auch wissenschaftsgeschichtllichen Problems, ob für die phrygische Staatenbildung im früheisenzeitlichen Zentralanatolien die in den altorientalischen Quellen bezeugten Musker von Relevanz waren, zumal diese in der Forschung immer wieder mit den vermutlich altbalkanisch stämmigen Phrygern identifiziert wurden. Dies erfolgte über die Gleichsetzung der schriftlich für das 8. Jh. v. Chr. überlieferten Herrscher Mita von Musku und Midas von Phrygien. Durch die frühe Erwähnung der Musker in assyrischen Quellen des 11. Jh. v. Chr. sah man es vor allem in der älteren, aber auch der jüngeren Forschung als gegeben an, dass die Phryger/Musker in Anatolien die Nachfolge des Hethiterreiches antraten und ein weiteres Großreich schufen. Gegen diese These sprach allerdings das im wesentlichen von Ekrem Akurgal geprägte Paradigma eines ca. vierhundert Jahre langen, fundleeren Kleinasiens.
Im Rahmen dieser Fragestellungen kommentiert bzw. relativiert die Abhandlung die1993 erschienene TAVO-Karte B IV 8 „Östlicher Mittelmeerraum und Mesopotamien um 700 v. Chr.“. Die Genese der phrygischen Staatbildung wird unter dem in der Forschung neu erarbeiteten luwischen Kontext Anatoliens vor und nach dem Zusammenbruch des Hethiterreiches beleuchtet unter Einbeziehung schriftlicher, topographischer und archäologischer Quellen. Um die historische Argumentation stringent halten zu können, wurde für die wichtigsten (Fund-) Orte ein alphabetisch sortierter Katalog angelegt, der neben den in jeweils eigenen Kapiteln behandelten Schriftzeugnissen sowohl zu den Muskern, also im wesentlichen altorientalische – vor allem assyrische – Quellen, als auch zu den Phrygern, also phrygische Inschriften sowie griechische und lateinische literarische Quellen, aufzeigt, auf welcher Materialbasis die Ergebnisse gewonnen wurden. Ein ausführlicher, aufgeschlüsselter Gesamtindex erleichtert das Auffinden vornehmlich von Geographika im Text, im Katalog und in den beigegebenen Kartierungen sowie in der TAVO-Karte B IV 8.
Das Beiheft B 99 soll für alle tangierten wissenschaftlichen Disziplinen wie die Altorientalistik, Anatolistik, Historische Geographie oder Alte Geschichte als Handbuch in Bezug auf die bisher nicht einzelbetrachteten Musker dienen. Darüber hinaus bietet es erstmalig die politische Einordnung der anatolischen Staatenwelt in der Früheisenzeit und erschließt zudem die Intentionen der bereits erwähnten TAVO-Karte B IV 8.