Muslim – Untertan – Bürger
Identitätswandel in gesellschaftlichen Transformationsprozessen der muslimischen Ostprovinzen Südkaukasiens (Ende 18. bis Anfang des 20. Jahrhunderts). Ein Beitrag zur vergleichenden Nationalismusforschung
von Eva-Maria Auch
Mit dem Zusammenbruch des Vielvölkerreiches Sowjetunion geriet kaum eine andere Region der ehemaligen UdSSR so stark in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit wie die südlichen (muslimischen) Republiken in Kaukasien und in Mittelasien.
Hier stellen sich dem Betrachter nicht nur Fragen nach Ursachen, Triebkräften und Trägern von Auflösungsprozessen polyethnischer Imperien und deren globalen Konsequenzen, sondern angesichts der immer wieder ausbrechenden bewaffneten Konflikte ist die Frage nach der Tragfähigkeit des mitteleuropäischen Modells nationalstaatlicher Institutionalisierung von aktueller Bedeutung: Eliten befinden sich auf der Suche nach neuen Orientierungspunkten für eine stabilisierende Gruppen-Identität und greifen dabei auf die Ansatzpunkte der Intellektuellen des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts zurück. Aspekte der Abstammung, Sprache, Kultur und Territorium sind im Zusammenhang mit dem Aufbau eines nationalen Bürgerstaates von anhaltender Brisanz.
Die vorliegende Arbeit gehört zu den ersten deutschsprachigen Monographien zur neuzeitlichen Geschichte Aserbaidschans und legt exemplarisch eine historische Untersuchung zur Herausbildung von neuzeitlichen Gruppenidentitäten an einer Schnittstelle zwischen Europa und Asien vor. Vor dem Hintergrund der Untersuchung der Wirkungen russischer Kolonialpolitik in den muslimischen Provinzen Südostkaukasiens vom Ende des 18. bis zum beginnenden 20. Jahrhundert werden Ursachen, Einflussfaktoren und Äußerungsformen von Selbstvergewisserung und Vergemeinschaftungsprozessen unter den aserbaidschanischen Muslimen dargestellt.