Dynamische Eigenschaften axial durchströmter Ringspalte
von Maximilian Markus Georg KuhrDas rotordynamische Verhalten moderner Fluidenergiemaschinen wird im Wesentlichen durch die dynamischen Eigenschaften axial durchströmter Ringspalte beeinflusst. Durch strömungsmechanische Effekte innerhalb der Ringspalte werden bewegungsabhängige Kräfte und Momente auf den Rotor induziert. Obgleich der dynamische Einfluss unbestritten ist, vernachlässigt der Großteil der Untersuchungen in der Literatur die induzierten Momente durch translatorische sowie die Kräfte und Momente durch rotatorische Bewegungen. Eine systematische theoretische und experimentelle Untersuchung der dynamischen Eigenschaften, d.h. aller 48 rotordynamischen Koeffizienten, ist somit nicht vorhanden. Die vorliegende Arbeit liefert einen maßgeblichen Beitrag zur Schließung dieser Forschungslücke.
Aufbauend auf der zentralen Frage nach der Kenntnis aller 48 rotordynamischen Koeffizienten wird der Stand der Forschung hinsichtlich der dynamischen Eigenschaften typischer Ringspalte wie Gleitlager und berührungsloser Fluiddichtungen aufgearbeitet. Besonders die Annahmen zur heutzutage üblichen Modellierung des dynamischen Einflusses mit 12 rotordynamischen Koeffizienten werden hervorgehoben und kritisch diskutiert.
Im Anschluss daran wird ein existierendes zeiteffizientes Berechnungswerkzeug, das Clearance-Averaged Pressure Model (CAPM), zur Berechnung aller 48 rotordynamischen Koeffizienten erweitert und initial mit den wenigen verfügbaren Daten aus der Literatur verglichen.
Zur ausführlichen Validierung des Modells wird ein eigens konzipierter und weltweit einzigartiger Prüfstand vorgestellt. Dieser Prüfstand ermöglicht es sowohl die statischen als auch dynamischen Eigenschaften axial durchströmter Ringspalte zu identifizieren. Durch Vergleich der experimentellen Ergebnisse mit den Berechnungen des CAPM wird das Modell validiert.
Das validierte Modell wird im Anschluss zur Untersuchung des Einflusses der Geometrieund Betriebsparameter auf die 48 rotordynamischen Koeffizienten verwendet. Im Wesentlichen wird hierbei die Frage beantwortet ab welchen Bedingungen eine Vernachlässigung der zusätzlichen 36 Koeffizienten gerechtfertigt ist. Es zeigt sich, dass neben der Ringspaltlänge auch die Durchflusszahl und die modifizierte Reynoldszahl ausschlaggebend für die Beurteilung der Relevanz der zusätzlichen Koeffizienten ist.
Abschließend wird der Frage nachgegangen welche Auswirkung eine Modellierung des dynamischen Einflusses mit und ohne Betrachtung der zusätzlichen 36 rotordynamischen Koeffizienten auf das Verhalten eines Beispielsystems hat. Mit Hilfe einer alternativen Formulierung des logarithmischen Dekrements kann gezeigt werden, dass die Kräfte aus der translatorischen Bewegung sowie die Momente aus der rotatorischen Bewegung einen stabilisierenden Einfluss auf das System aufweisen. Die Kräfte aus der rotatorischen Bewegung und die Momente aus der translatorischen Bewegung wirken hingegen destabilisierend auf das System.