Die Wiener Tierärztliche Hochschule und der Nationalsozialismus
Eine Universitätsgeschichte zwischen dynamischer Antizipation und willfähriger Anpassung
von Lisa RettlEin bedeutender Beitrag zur österreichischen Universitätsgeschichte.
»Auch die österreichische Tierärzteschaft hat für das Zustandekommen der heutigen staatspolitischen Lage in Österreich sich eingesetzt, dafür gekämpft und Opfer in großer Zahl gebracht«, hielt David Wirth anlässlich des im März 1938 vollzogenen »Anschlusses« in der Wiener Tierärztlichen Monatsschrift fest: »Die Jahre einer würdelosen, sogenannten Unabhängigkeit sind vorbei!«, schloss Wirth, Vorstand am Institut für Interne Medizin und klinische Seuchenlehre an der Wiener Tierärztlichen Hochschule, sein Schreiben. Im selben Zeitraum vermeldete Rektor Franz Benesch, dass sich unter seinen Beamten keine »Juden« und keine »jüdischen Mischlinge« befänden.
Lisa Rettl fragt, wie diese zeitgenössischen Aussagen zur Geschichte der Veterinärmedizinischen Universität Wien heute einzuschätzen sind. Ihre
zeitgeschichtliche Studie versteht sich als erste Annäherung zu einer bisher vernachlässigten österreichischen Universitätsgeschichte: Wer waren die zentralen Akteure und in welchen Handlungsspielräumen bewegten sie sich? Welche Ereignisse prägten das tierärztliche Hochschulleben vom Ende der Ersten Republik über die Jahre des Austrofaschismus bis hin zum »Anschluss«?