Methode zur verbesserten Prognose von Versagen infolge von Kantenrissen in der Umformsimulation
von Gökhan GulaDie Kenntnis des Formgebungsvermögens eines Werkstoffs ist im Rahmen der Herstellung umgeformter Bauteile essentiell, um deren Machbarkeit in der Konzeptionierungsphase zu bewerten. Oftmals stellt das Kantenumformpotenzial den begrenzenden Faktor für Umformprozesse bei hoch- bis höchstfesten Stählen dar. Zur Erarbeitung einer Vorgehensweise zur verbesserten Prognose des Versagens infolge von Kantenrissen in der Umformsimulation wurden 26 vorwiegend mehrphasige Stähle mit Zugfestigkeiten oberhalb von 600 MPa und Blechdicken von 1,0 mm bis 1,8 mm auf makroskopischer und mikroskopischer Ebene untersucht.
Auf Basis von Hole Expansion Tests (HET) bzw. Lochaufweitungsversuchen nach ISO 16630 wurde eine neuartige Vorgehensweise für eine erste Versagensprognose auf Grundlage der mechanischen Kennwerten entwickelt, die gezielt Festigkeitsdifferenzen in mehrphasigen Stählen adressiert und vorhandene Ansätze übertrifft. Via Finite-Elemente-Berechnungen mittels RVE (Repräsentative Volumenelemente) wurde anknüpfend der Einfluss von Festigkeitsdifferenzen innerhalb von mehrphasigen Stählen anhand zweier Dualphasenstähle mit vergleichbaren mechanischen Eigenschaften und unterschiedlichen Kantenumformbarkeiten nachgewiesen und eine Möglichkeit zur Versagensabschätzung auf mikrostruktureller Ebene vorgestellt.
Mittels Variationen der HET und ihrer numerischen Abbildung wurden sog. Formänderungsgradienten eingeführt, die eine quantitative Klassifizierung der Umformbeanspruchung an der Blechkante hinsichtlich ihrer räumlichen Ausdehnung in eine lokale bzw. globale ermöglichen. Auf deren Grundlage wurde ein Vorgehen für eine adäquatere Prognose von Versagen infolge von Kantenrissen bei mehrphasigen Stählen über gradientenabhängige, kritische Formänderungen im Rahmen des Post-Processings vorgestellt.