Gegen den Strom
Erinnerungen eines Ballettmeisters
von Michail FokinMichail Fokin, der große Ballettreformer zu Beginn des 20. Jahrhunderts, schrieb in den 30er Jahren seine „Erinnerungen eines Ballettmeisters“ denen er bezeichnenderweise den Titel „Gegen den Strom“ gab. „Gegen den Strom“ - das bedeutet für ihn Kampf gegen ein kunsthemmendes System zunächst im zaristischen Russland, dann auf vielen Bühnen der Welt. Der Leser kann das Entstehen der wichtigsten Choreographien - „Polowetzer Tänze“, „Les Sylphides“, „Der Feuervogel“, „Petruschka“, „Daphnis und Chloë“, wie die Ausbildungszeit und seine ersten Jahre am Theater. Doch über das Ballett hinaus sind Fokins Aufzeichnungen auch für die Musik- und Kunstgeschichte von hohem Interesse. Außer seiner Arbeit mit den hervorragendsten Tänzerinnen und Tänzern seiner Zeit, wie Anna Pawlowna, Tamara Karsawina und Waclaw Nishinski, die Fokin in ihrer Einmaligkeit und Besonderheit vorstellt, beschreibt er eindrucksvoll die wechselseitige Befruchtung von Choreograph, Komponist und Bühnenbildner, besonders in seinem Zusammenwirken mit Igor Strawinsky, Maurice Ravel, Léon Bakst und A, N. Benois. Fokins Memoiren, die in der Betrachtung seiner Kindheit heiter-ironisch anmuten und in einen klar verständlichen Stil übergehen, sind wegen ihrer Authentizität sowie durch die Fülle der Ereignisse und Begebenheiten für alle kunstinteressierten Leser wissenswert und unterhaltsam. Fokins Leistung ist die Öffnung des Bühnentanzes über das angestammte Publikum und seine erfolgreiche Einbindung in das kulturelle Umfeld, indem er das Ballett von innen heraus erneuerte. Seine Reformen reichen mit seinen bedeutendsten Choreographien, die zum Teil noch heute auf den internationalen Ballettspielplänen der Theater zu finden sind, bis in unsere Zeit, als progressives Erbe und als Anregung zu eigenem schöpferischen Schaffen.