Nan’yō e! In die Südsee!
Kulturkontakte und Kulturkonfrontationen zwischen Japanern, Deutschen und Mikronesiern im Ersten Weltkrieg
von Yuko MaezawaDie Rolle Japans als koloniale Besatzungsmacht im Ersten Weltkrieg ist noch weitgehend unerforscht. Japan erklärte Deutschland am 23. August 1914 aufgrund des anglo-japanischen Bündnisses den Krieg und besetzte daraufhin die deutschen Kolonien in Mikronesien nördlich des Äquators.
Yuko Maezawa untersucht in ihrer Studie das Verhältnis zwischen Japanern, Deutschen und Mikronesiern. Im Gegensatz zur vorherigen Kolonialmacht Deutschland war Japan kein christliches Land. Religion und Bildung wurden nach der japanischen Besetzung auf den Inseln strikt voneinander getrennt. Das Hauptziel der japanischen Erziehungspolitik war die Verbreitung der japanischen Sprache und die Japanisierung Mikronesiens, weshalb die Japaner vor Ort die propagandistische Theorie einer gleichen Rassenzugehörigkeit von Japanern und Mikronesien verbreiteten, um die Insulaner leichter in die japanische Gesellschaft zu integrieren. Dennoch wurde die deutsche christliche Missionstätigkeit während des Kriegs durch die Japaner toleriert. Erst nach Kriegsende wurden die deutschen katholischen Missionare durch spanische Jesuiten und die deutsche protestantische Liebenzeller Mission durch eine protestantische Missionsgesellschaft aus Japan (Nan’yō Dendō dan) ersetzt.
Bei ihren umfangreichen Quellenrecherchen entdeckte Maezawa u. a. einen sehr kritischen Bericht des japanischen Außenministeriums über die japanische Kolonialpolitik in Mikronesien und veröffentlicht diesen zum ersten Mal. Er dokumentiert Übergriffe von körperlicher Gewalt sowie Vergewaltigungen und gilt als die einzige Quelle, in der Japaner das Benehmen ihrer Landsleute detailliert negativ darstellten.