Die Wiener Free-Jazz-Avantgarde: Revolution im Hinterzimmer
von Andreas FelberZwei Kunststudenten, ein malender Autodidakt, ein Jazzbassist, ein bei den Grazer Philharmonikern tätiger Fagottist: Sie und andere waren es, die tatsächlich schon ab Ende der 50er Jahre in Wien frei improvisierten Jazz spielten, wie er anderswo in Europa erst wesentlich später praktiziert wurde. Entsprechend heftig rieben sich die „Masters of Unorthodox Jazz“ und die „Reform Art Unit“ in jener Zeit am kulturellen Establishment. Das mit diesen Formationen assoziierte Geschichtsbild der Wiener Free-Jazz-Avantgarde oszilliert noch heute zwischen den Klischees der skurrilen Provokateure, der Scharlatanerie verdächtigen Dilettanten und der verkannten, isolierten Avantgardisten, die internationale Entwicklungen antizipierten. Diente den einen ihre „Galerie zum roten Apfel“ gleichsam als „geschützte Werkstätte“, so bedeutete den anderen der subkulturelle „Freundeskreis“ um Schriftsteller und Devianzforscher Rolf Schwendter ein wichtiges Experimentier- und Rezeptionsfeld. Das vorliegende Buch bringt Licht in dieses bislang gänzlich unaufgearbeitete, spannende Kapitel österreichischer Musikgeschichte. Und wirft in der grundlegenden, kritischen Darstellung der chronologischen Ereignisabfolge über den primären Gegenstand hinaus aus ungewohnter Perspektive Schlaglichter auf die österreichische, insbesondere die Wiener Kulturszene vor allem der 50er bis 70er Jahre.